Bahn in Betrieb Bergfahrten: 06.30 – 14.30 / Talfahrten: 06.30 – 15.00
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Die hölzerne Stubendekoration

Figürliche Darstellungen spielen in vielen Kulturen eine wichtige Rolle. So ist in der Säntisregion die Senntumsschnitzerei um das Jahr 1850 entstanden. Während in der Bauernmalerei vorwiegend ausgebildete und erwerbstätige Künstler am Werk sind, ist die Senntumsschnitzerei vor allem das Metier von Autodidakten und Hobbyschnitzern.

Brauchtum und Erholung

Erfahren Sie bei einem Besuch im Brauchtumsmuseum Urnäsch mehr über das hiesige Brauchtum und entdecken Sie die Vielfalt an Schnitzereien. Lassen Sie den Tag bei uns im «Säntis – das Hotel» ausklingen und verbringen Sie eine erholsame Nacht in unseren komfortabel eingerichteten Zimmern.

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In den Anfängen der Senntumsschnitzerei – auch «Chüeli»-Schnitzerei genannt – fertigten die autodidaktischen Schnitzer aus dem Appenzellerland und Toggenburg fast nur Alpfahrten. Weitere Motive aus dem Brauchtum, wie beispielsweise Silvesterchläuse oder das Bloch, kamen später dazu. Was zuerst ein winterlicher Zeitvertreib war, hat sich dann schnell zu einem attraktiven, aber auch zeitaufwendigen Nebengeschäft entwickelt. Heute sind die Schnitzereien beliebte Sammelstücke.

Raus aus der Nische

Einer der berühmtesten Sammler von Alpaufzügen aus Holz ist Alt-Bundesrat Hans-Rudolf Merz. Der Herisauer Magistrat besitzt zahlreiche Senntumsschnitzereien. 2019 hat er diesem Kunsthandwerk und seinen Protagonisten das Buch «Senntumsschnitzerei im Appenzellerland und im Toggenburg» gewidmet. Darin erklärt Merz Handwerk, Geschichte und Bedeutung der Senntumsschnitzerei und die Ordnung einer Alpfahrt. In Kurzporträts und mit vielen Bildern stellt er 14 Schnitzer und eine Schnitzerin vor. Merz bricht mit seinem Buch eine Lanze für einen Teil der hiesigen Volkskultur, die lange Zeit ein Schattendasein fristete – zu Unrecht, wie nicht nur der Alt-Bundesrat findet.

Eine winterliche Freizeitbeschäftigung
Die Senntumsschnitzerei ist in der Säntisregion vermutlich um das Jahr 1850 entstanden. Die Stiftung für appenzellische Volkskunde besitzt jedenfalls eine in Hundwil geschnitzte Kuh aus diesem Jahr. Damals erwachte das Selbstbewusstsein des Bauernstandes, der Tourismus nahm Fahrt auf und damit einhergehend lebten bäuerliche Traditionen neu auf. Nach dem Ersten Weltkrieg verschwanden sukzessive die Webstühle aus den Kellern der Bauernhäuser. Andere Zusatzverdienste mussten her. Die bäuerliche Handwerkskunst wie die «Weissküferei» oder die Bauernmalerei erhielt Auftrieb. Das Schnitzen ist bis heute wirtschaftlich gesehen unbedeutend und vor allem eine Freizeitbeschäftigung von Bauern.

Aus weichem Holz geschnitzt
Wer mit dem Schnitzen anfängt, sollte einen Rohling, vorzugsweise aus Lindenholz, und eine Skizze oder Schablone bereithalten und prophylaktisch den Schnitzhandschuh nicht vergessen. Zur Grundausrüstung eines Senntumschnitzers gehören verschiedene Stechbeitel, u- und v-förmiger Geissfuss, Ahle, Bohrer, Bandsäge, Pinsel samt Farben, Leder, Zahnstocher, Beize sowie dünne Drähte und Schnüre. Da es weich zum Schnitzen ist, wird Lindenholz bevorzugt. Dank seiner Elastizität kann es auch für filigrane Formen wie Gesichtsmimik oder Kleiderfalten verwendet werden. Zudem hat es fast keine Astlöcher, die dem Messer in die Quere kommen können, und die Jahrringe halten sich mit ihrer Helligkeit dezent im Hintergrund.

Schematische Mimik
Für wiederkehrende Figuren wie Kühe, Ziegen oder Sennen verwenden die meisten Schnitzer eine Schablone oder Umrisszeichnungen. Die eigentliche Handschrift eines Schnitzers kristallisiert sich beim Ausarbeiten der Rohlinge heraus. Bei der qualitativen Bewertung der Senntumsschnitzerkünste sollte nicht vergessen gehen, dass hier Autodidakten ihrem Hobby frönen. Dabei wird nur annähernd das Niveau von professionell erstellter Schnitzerei erreicht. Von diesem Anspruch ist die Senntumsschnitzerei entfernt. Der Gesichtsausdruck des geschnitzten Bauern ist meistens schematisch und starr. Das gewisse Etwas verleihen den Figuren vor allem die Trachten, Schellen und anderer Schmuck, welcher der hiesigen Volkskunst und dem Brauchtum eigen ist. Deshalb ist bei der Senntumsherstellung neben der Fertigkeit mit dem Schnitzmesser auch der gekonnte Umgang mit Farbe und Pinsel elementar.

Der Bundesrat und seine Senntümer

Alt-Bundesrat Hans-Rudolf Merz sammelt mit viel Hingabe geschnitzte Alpaufzüge. 2019 hat er über seine Sammlung und die Senntumsschnitzerei ein Buch veröffentlicht. «Figürliche Kunst interessierte mich schon immer», sagt der 80-Jährige. «1977 hat mich eine Begegnung mit der Sammlung der Appenzeller Volkskunst von Bruno Bischofberger vollends für dieses Schaffen eingenommen.» Merz engagierte sich in der Folge auch institutionell viele Jahre für heimische Traditionen und die Volkskunde. Anders als die Bauernmalerei sei die Senntumsschnitzerei lange stiefmütterlich behandelt worden. «Sie war auch am wenigsten dokumentiert», hält Merz fest. Sein Buch «Senntumsschnitzerei im Appenzellerland und im Toggenburg» versteht der Ausserrhoder Magistrat denn auch als Mittel zur Sichtbarmachung stilistischer und handwerklicher Merkmale der Schnitzwerke. «Das Buch ist eine Ehrbezeugung an die bäuerlichen Schnitzerinnen und Schnitzer. Diese sind zu Recht stolz auf ihre Werke.» Stolz ist auch Hans-Rudolf Merz auf seine Sammlung. Mittlerweile sind im Wohnhaus in Herisau 17 Senntümer in Reih und Glied ausgestellt. «Ich sammle nur solche, die von richtigen Landwirten aus der Region geschnitzt wurden. Es sind wahre Prunkstücke und authentische Visitenkarten des hiesigen Kunsthandwerks.»

Der Meisterschnitzer

Die Senntumsschnitzer entstammen heute noch meist dem bäuerlichen Umfeld. Ein Paradebeispiel dafür ist Sämi Frick, der seine ersten Versuche mit dem Schnitzmesser vor über dreissig Jahren machte. Damals begann der 66-Jährige für die Haube seines Silvesterchlaus-Kostüms bäuerliche Szenen mit Holzfiguren darzustellen. In den Folgejahren wurde Sämi Frick von seinen Brüdern, die gemeinsam den «Waisenhaus-Schuppel» bilden, stets damit beauftragt, für sämtliche Hauben der Chlausgruppe die Figuren anzufertigen. Das bedeutet konkret: Siebzig bis achtzig Figuren hat Sämi jeweils für eine neue Hauben-Garnitur zu schnitzen.

Begehrtes Geschenk
Wer dem pensionierten Landwirt dabei über die Schulter blickt, hält es kaum für möglich, dass diese klobigen und furchigen Hände aus einem Holzklötzchen so feingliedrige Figuren zaubern können. Diese Figürchen sind typisch für das Appenzellerland und das Toggenburg. Heute noch thront auf so manchem Appenzeller oder Toggenburger Stubenmöbel ein sogenanntes  Senntum – ein Alpaufzug in Miniaturform. Auch in den Wohnzimmern von Sämi Fricks sieben Kindern steht ein geschnitztes Senntum – aus den Händen ihres Vaters, versteht sich. «Das sind immer begehrte Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke. Mittlerweile habe ich begonnen, ihnen Krippenfiguren zu schnitzen», erzählt das Urnäscher Dorforiginal.

Bundesrätlicher Ritterschlag
Beim Schnitzen schwört Sämi auf frisches Lindenholz: Es ist weich, reisst nicht und es lässt sich gut kerben, schmirgeln, beizen und bemalen. Die groben Umrisse sägt er mit einer Bandsäge aus. Danach erweckt er die Rohlinge mithilfe von Ahle, Stechbeitel und Schnitzmesser zum Leben. Sind sie fertig geschnitzt, werden die Figuren gebeizt und anschliessend von Sämis Frau Elsbeth in Feinarbeit bemalt. Alt-Bundesrat Hans-Rudolf Merz beschreibt Sämis Arbeiten im Buch «Senntumsschnitzerei im Appenzellerland und im Toggenburg» folgendermassen: «Sämi Frick gehört zu den Meisterschnitzern. Seine Figuren sind dynamisch, detailtreu, die Gesichtszüge der Bauern sind fein modelliert. Er liebt szenische Augenblicke, etwa das Fellkratzen, das Balgen, das Wasserlassen. Sein Senntum ist ein perfektes Ganzes, sozusagen ein geschnitztes Dogma der Alpfahrt.»

Tierflüsterer vom Reka-Feriendorf
Dass Sämi Frick Alltagsszenen rund um das bäuerliche Leben so trefflich in Holz verewigen kann, ist beim Blick auf sein Leben nicht weiter verwunderlich: Der 20-fache Grossvater ist durch und durch vertraut mit allen Traditionen, Sitten und Gebräuchen im Appenzeller Hinterland. 30 Jahre führte er zusammen mit seiner Familie einen Landwirtschaftsbetrieb in Urnäsch und ging im Sommer jeweils «z’Alp». Seit 2008 ist Sämi Frick der Tierflüsterer des Streichelzoos im Reka-Feriendorf Urnäsch und bietet Kutschfahrten in der Gegend an. Sollte er sich also beim Schnitzen an gewisse Bewegungen oder Ausdrücke nicht erinnern können, macht Sämi kurzerhand eine Stippvisite im Reka-Stall.

Brauchtum und Erholung

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