Die Ostschweiz entdecken
Entdecken Sie von der Schwägalp aus die gesamte Ostschweiz. Bleiben Sie drei aufeinanderfolgende Nächte und erhalten Sie die vierte Nacht kostenlos oder bleiben Sie fünf aufeinanderfolgende Nächte und wir schenken Ihnen die sechste und siebte Nacht.
Mehr erfahrenAndrea Berlinger, sind du und deine Vorfahren überdurchschnittlich mutig?
Mutig vielleicht nicht gerade, aber mit einer grossen Portion Optimismus ausgestattet. Mein Vater, der im November 2023 verstorben ist, war sein Leben lang ein unerschütterlicher Transformator mit einem immensen Ideenreichtum. Ich habe dieses visionäre Denken und Urvertrauen ebenfalls tief in mir verankert.
Warst du als Kind häufig im elterlichen Betrieb oder wurde das strikt getrennt?
In den Schulferien half ich jeweils an verschiedenen Orten im Unternehmen mit. So habe ich zum Beispiel einmal bei zwei jungen Mitarbeiterinnen den Tag verbracht, die kleine Klettstreifen in Schnallen einfädelten. Als ich sie fragte, für was diese Teile eigentlich sind, drucksten sie mit hochrotem Kopf herum und erzählten dann, dass das für die Krawättchen der Pastoren sei. Als ich dies am Abend meinem Grossvater erzählte, lachte er schallend. Bei den ominösen Klettteilchen handelte es sich um BH-Verschlüsse.
Du führst die Berlinger Group in sechster Generation. Wann stand für dich fest, dass du das Familienunternehmen in die Zukunft führen möchtest?
Das war ein schleichender Prozess. Nach der Handelsschule lernte ich noch Spanisch sowie Italienisch. Danach arbeitete ich in der Hotellerie. So richtig habe ich mich mit der Firma aber erst beim Umbau unseres Hauses aus dem Jahr 1848 auseinandergesetzt. Beim Mithelfen auf der Baustelle fand ich zwischen den Balken kleine Schätze meiner Vorfahren, wie eine alte Zahnbürste aus Elfenbein oder Bücher. Das motivierte mich, unsere Familiengeschichte selber um ein Kapitel zu erweitern. Danach absolvierte ich die Textilfachschule, stieg 1992 ins Unternehmen ein und übernahm sukzessive mehr Verantwortung.
Die Berlinger Group hat sich immer wieder neu erfunden. Meist aus der Not heraus. Nimmst du uns bitte kurz mit zu den Scheidewegen in eurer Firmengeschichte?
Den Grundstein legte 1865 Johann Georg Berlinger mit einer kleinen Weberei in Ganterschwil. Die zweite Generation stand 1902 nach dem Brand der Weberei vor dem Nichts. Sie haben sich neu erfunden und angefangen, Leinen für Bucheinbände zu kaschieren. So wurden wir zu einem der wichtigsten Lieferanten für Bucheinbandmaterial. Die nächste Generation fing an, Bänder für den Buchrücken zu schneiden. Die vierte Generation erfand die Schrägbänder – seinerzeit eine bedeutsame Innovation. Über die Bänder kamen wir in Kontakt mit 3M und schliesslich zum Thema Temperaturüberwachung. Das war zu einer Zeit, als die Textilindustrie am Boden lag. Später kam die Globalisierung. Wir waren wieder an einem Scheidepunkt.
«So richtig habe ich mich mit der Firma beim Umbau unseres Hauses auseinandergesetzt.»
Kannst du in jedem Misserfolg eine Chance sehen?
Im Moment, wenn ich mit dem Rücken zur Wand stehe, vielleicht noch nicht wirklich. Aber mit etwas Abstand betrachtet, bin ich der tiefen Überzeugung, dass aus einer Katastrophe etwas Gutes entstehen kann. Dafür brauche ich nur unsere Firmengeschichte anzusehen: Ohne den Brand wären wir vermutlich wie alle anderen Webereien im Tal von der Bildfläche verschwunden. Gewisse Ereignisse, die vorab eine Katastrophe sind, können das Beste sein, was passieren konnte.
Den Mut für neue Wege zu haben ist das eine. Gefragte Produkte zu entwickeln das andere. Wie entstehen eure Innovationen?
Vor allem aus der Gelegenheit und Offenheit. So hat anfangs der 1990er-Jahre Karl Egli, einer unserer Partner und ein Schulfreund meines Vaters, die Entwicklung unserer Dopingfläschchen vorangetrieben. Er war selbst mehrfacher Schweizer Meister im Gehen. Wir stellten damals für die Olympischen Spiele in Albertville und Barcelona im Auftrag einer anderen Firma die Doping-Kits her. Karl hat erkannt, dass diese Fläschchen zu wenig sicher und Betrügereien leicht möglich sind. Daraus ist die Eigenentwicklung für die Dopingkontrollverschlüsse entstanden. Dass das schliesslich erfolgreich war, hat auch mit Glück, Enthusiasmus sowie Willen zu tun. Und man muss Leute finden, die mit Freude mitmachen. Heute jedoch haben wir einen strukturierten Innovationsprozess, wo gezielt neue Ideen einfliessen können.
Wie gelingt es euch, diese dünngesäten Fachkräfte für euch zu gewinnen? Schliesslich gilt Ganterschwil nicht gerade als Silicon Valley der Schweiz.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist uns ein zentrales Anliegen. Zudem haben wir per 1. Januar 2020 ein Homeoffice-Reglement herausgebracht – also noch vor Corona. Da wir global aufgestellt sind, rekrutieren wir international. Wir haben eine Niederlassung in den Niederlanden und den USA und sind uns gewohnt, auf Distanz miteinander zu kommunizieren.
Was für eine Art Chefin bist du?
Ich bin empathisch und wertschätzend, kann aber auch entschlossen und fordernd sein. Gerade in einem Familienunternehmen ist es wichtig, den Teamgedanken hochzuhalten und sich selber als ein Puzzleteil zu verstehen, das es braucht, damit das grosse Ganze ein stimmiges Bild ergibt. Nicht mehr und nicht weniger. Diversität und andere Meinungen befruchten, Ehrlichkeit und Transparenz machen schwierige Entscheide verdaubar.
Du bist Unternehmerin, engagierst dich in diversen Gremien und bist zweifache Mutter. Wie steht es bei diesem Pensum um deine Work-Life-Balance?
Mir machen meine verschiedenen Aufgaben viel Freude. Wenn ich dennoch merke, dass ich meine Batterien auffüllen muss, nehme ich mir konsequent Auszeiten heraus. Ein Spaziergang mit unserem Hund oder das Betrachten einer schönen Blumenblüte relativiert vieles und gibt mir Kraft, nach vorne zu blicken. Zudem schreibe ich sehr gerne Gedichte.
Ebnat AG | Die Ebnat AG, von vielen Toggenburgern liebevoll «Bürsti» genannt, wurde 1914 gegründet. Pro Jahr verlassen 30 Millionen Zahnbürsten und 60 bis 80 Millionen Interdentalbürsten die Ebnat AG in Ebnat-Kappel. Das Unternehmen gehört zur Trisa-Gruppe. Heute beschäftigt der Betrieb über 230 Personen und ist der grösste Arbeitgeber des Obertoggenburgs. |
Kägi Söhne AG | 1934 legte der verwitwete Otto Kägi mit seinen sechs Kindern in einer kleinen Bäckerei in Lichtensteig den Grundstein für das Familienunternehmen. Die Geburtsstunde des Kägifret war schliesslich 1958. Benannt ist es nach der Gründerfamilie und der Abkürzung des französischen Wortes «gaufrette» (Waffel). Die Kägi Söhne AG beschäftigt heute 140 Personen. Rund die Hälfte der Produkte werden exportiert. Im Ausland hiess das Kägi fret lange «Toggi», als Verweis auf den Produktionsstandort. |
Alder+Eisenhut AG | Alder+Eisenhut kennt in der Schweiz wohl jedes Kind aus dem Turnunterricht. Der Name ziert Matten und Sprungkästen, Barren oder das Böckli. Robert Alder begann 1891 in Küsnacht ZH Turngeräte zu produzieren. 1909 fusionierte die Firma mit den Gebr. Eisenhut. Seit 1912 werden die Turngeräte in EbnatKappel hergestellt. Das Unternehmen beschäftigt 150 Personen. |
Andrea Berlinger
Seit 2008 führt Andrea Berlinger Schwyter zusammen mit ihrem Mann Daniel das Familienunternehmen Berlinger&Co. AG in sechster Generation. Das Toggenburger Unternehmen steht heute für innovative Elektronik- und Softwareprodukte sowie Dopingkontrollsysteme. Das KMU mit über 100 Angestellten exportiert seine Produkte in 175 Länder. 2020 gewann Andrea Berlinger mit ihrem Unternehmen den Switzerland Global Enterprise Export Award. Seit 2019 ist die Mutter einer erwachsenen Tochter und eines Sohnes Vorstandsmitglied der IHK St.Gallen Appenzell und amtet als Vizepräsidentin des Switzerland Innovation Park Ost.
Die Ostschweiz entdecken
Entdecken Sie von der Schwägalp aus die gesamte Ostschweiz. Bleiben Sie drei aufeinanderfolgende Nächte und erhalten Sie die vierte Nacht kostenlos oder bleiben Sie fünf aufeinanderfolgende Nächte und wir schenken Ihnen die sechste und siebte Nacht.