Bahn in Betrieb Bergfahrten: 07.30 – 15.30 / Talfahrten: 07.30 – 16.00
Bahn in Betrieb Bergfahrten: 07.30 – 15.30 / Talfahrten: 07.30 – 16.00

Meilenstein der Meteorologie

Der Säntis nimmt seit über 140 Jahren eine wichtige Rolle in der Geschichte der Meteorologie ein: Ist es heute ein Superlaser, der 2021 und 2022 auf dem Wetterberg getestet wurde, markierte 1882 die Eröffnung der Wetterwarte einen Wendepunkt in der Schweizer Wetterforschung.

Die stillen Helden vom Säntis

Mutige Menschen, die vom Brot bis zum Feuerholz alles den Säntis hochschleppten, ermöglichten seinerzeit, dass hier die höchstgelegene Wetterbeobachtungsstation in ganz Europa Realität wurde. Kaum jemand kennt den Hintergrund und die wahre Geschichte dazu. Deshalb werden jetzt die mutigen Männer am Säntis zu Hauptdarstellern in einem Fernseh- und Kinofilm von Victor Rohner.

Mehr erfahren

Die Geschichte der Wetterwarte auf dem Säntis begann mit einer visionären Idee: Im August 1879 bestieg der St.Galler Meteorologe Robert Billwiler zusammen mit seinem österreichischen Kollegen Julius Hann den Säntis. Sie erkannten sofort das Potenzial des Berges als idealen Standort für eine Wetterstation aufgrund seiner exponierten Lage vor dem nördlichen Alpenhauptkamm. Zu dieser Zeit waren Wettervorhersagen in der Schweiz noch ein neues und skeptisch betrachtetes Feld. Doch Billwiler und Hann waren überzeugt von einer Wetterstation auf dem Säntis. Die Tatsache, dass Billwiler 1880 vom Bundesrat zum ersten Direktor der damals neu gegründeten «Meteorologischen Zentralanstalt» ernannt wurde, gab diesem Vorhaben zusätzlichen Auftrieb.

Wetterwarte im Berggasthaus
Um Kosten zu sparen und Synergien zu nutzen, wurde die erste Wetterstation auf dem Säntis im damaligen Berggasthaus eingerichtet. Dieses lag rund 40 Meter unterhalb des nach allen Seiten freien Säntisgipfels auf «nur» 2465 m ü. M. und war auf der Nordseite durch eine Felswand abgeschirmt. Aus meteorologischer Sicht war also der Standort nicht ideal, aber immer noch besser als nichts.

Grossandrang bei der Eröffnung
Am 1. September 1882 wurde die Wetterstation im Berggasthaus Säntis eröffnet. Sie war damals eine der höchstgelegenen weltweit. Die neue Verbindung mit der Aussenwelt wurde zur grossen Attraktion. Rund hundert Personen wanderten zur Eröffnung auf den Säntis. Alle wollten der Familie und Freunden Grüsse von der höchstgelegenen Telegrammstation übermitteln lassen. Der erste Wetterwart und Telegrafist war Posthalter Johann Josef Koller aus Gonten. Er wusste am Eröffnungstag kaum, wo ihm der Kopf stand. Erst am 6. September 1882 konnte er in Ruhe seinen normalen Pflichten nachgehen. Dieser Tag war die eigentliche Geburtsstunde der wechselhaften Geschichte um die Säntis-Wetterwarte.

Robustes Material und Telegrafenleitung
Die technischen Herausforderungen an den Betrieb der Wetterwarte waren enorm: Material und Ausrüstungen mussten unter schwierigen Bedingungen transportiert und die Station musste gegen die extremen Witterungsbedingungen gewappnet werden. Trotzdem lieferte die Wetterwarte wertvolle Daten und trug wesentlich zum Verständnis des Alpenwetters und zur Verbesserung der Vorhersagemethoden bei. Damit die Daten täglich an die Meteorologische Zentralanstalt in Zürich übermittelt werden konnten, brauchte es eine Telegrafenleitung. Diese führte vom Säntis über die Meglisalp, Wasserauen und Weissbad bis nach Appenzell.

Arbeit unter Lebensgefahr
Auf dem Gipfel selbst stand zu dieser Zeit nur eine sechsseitige Pyramide. Dieses Wahrzeichen der ersten Wetterstation thront heute immer noch auf dem Gipfel und ist ein beliebtes Fotomotiv. Das Beobachterhäuschen beherbergte den grossen Windmesser. Dessen Aufzeichnungen waren von hohem wissenschaftlichen Wert. Egal ob Sommer oder Winter, bei Sonnenschein oder im Schneesturm: Der Wetterwart musste regelmässig dorthin aufsteigen und die Registrierstreifen auswechseln sowie die Uhr aufziehen. Diese gefährliche Arbeit forderte bereits im Eröffnungsjahr sein erstes Opfer: In der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember 1882 tobte ein fürchterlicher Wintersturm über den Alpstein hinweg. Auf dem Säntis hatte der stellvertretende Wetterwart Franz Manser aus Gonten Dienst. Mit ihm auf dem Gipfel war der junge Säntisträger Josef Anton Dörig. Die Telegrafenleitung war nach dem heftigen Sturm tot. Dörig machte sich auf, um die Bruchstelle der Leitung zu suchen. Mühsam kämpfte er sich über mannshohe Schneeverwehungen. Bei der exponierten Wagenlücke wurde der 17-Jährige fündig. Der Leitungsdraht hing lose an der Stange. Während der Reparaturarbeiten verlor Josef Anton Dörig plötzlich den Halt und stürzte kopfüber in die Tiefe und verstarb vor Ort.

«Zu dieser Zeit waren Wettervorhersagen in der Schweiz noch ein skeptisch betrachtetes Feld.»

Neues Observatorium
Dank der Schenkung von 125ʼ000 Franken eines Winterthurer Alpinisten konnte 1887 eine neue, massivere Wetterwarte errichtet werden. Gleichzeitig wurde ein Tunnel gebaut, der dieses Gebäude mit dem Beobachterhaus auf dem Gipfel verband und die Datenerfassung erleichterte.

Anbruch einer neuen Ära
Walter Utzinger übernahm im Oktober 1957 als letzter Wetterwart die Beobachtungen. Die technologischen Fortschritte machten die manuelle Beobachtung zunehmend überflüssig. 1969 wurde die Station automatisiert. Walter Utzinger quittierte gleichzeitig seine Anstellung und die Ära der Wetterwarte war Geschichte. Die Säntis-Wetterwarte ist heute ein Symbol für den Pioniergeist der Meteorologen und Ingenieure. Bis 2017 übernahm das Swisscom-Personal die Wetterbeobachtungen und -meldungen. Seit 2018 sind Mitarbeitende der Säntisbahn für diese Aufgabe zuständig.

Erster UKW-Sender
Im Zusammenhang mit der Wetterwarte sei auch der Sendeturm auf dem Säntisgipfel erwähnt. 1957 baute die damalige PTT den ersten, 18 Meter hohen Turm auf dem Säntis. Im gleichen Jahr ging dort der erste UKW-Radiosender (DRS 2) in Betrieb. Der Turm musste aufgrund der extremen Wetterbedingungen mehrmals saniert werden, weshalb 1975 ein neuer Sendeturm eingeweiht wurde. Es war damals das grösste Bauwerk seiner Art in Europa. Im Jahr 1976 startete von hier aus die Ausstrahlung der Fernsehprogramme für die französisch- und italienischsprachigen Teile der Schweiz. 1997 wurde der aktuelle, 123 Meter hohe Antennenturm errichtet.

Knotenpunkt von Rundfunk und Fernsehen
Heute ist der Säntis-Sendemast ein wichtiger Knotenpunkt für Rundfunk und Fernsehen. Der Turm dient Swisscom Broadcast zur Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen in der gesamten Nordostschweiz. Für die Öffentlichkeit ist er normalerweise nicht zugänglich. Auf Voranmeldung können aber Führungen gebucht werden.

«Es war damals das grösste Bauwerk seiner Art in Europa.»

Saentistraeger

Mutige Sherpas vom Säntis

Bis zum Bau der Säntis-Schwebebahn 1935 war die Versorgung der Wetterstation und des Berggasthauses auf dem Säntis ein Kraftakt. Es begann damit, dass ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr Menschen der Faszination des Säntis erlagen. 1846 baute Jakob Dörig «Schribers Jok» unterhalb des Säntisgipfels eine einfache Bretterhütte und kurz darauf eine gemauerte Schutzhütte. Diesen Raum für acht Personen nannte Dörig ironisch «Grand Hotel Thörig». Dörig trug die Lebensmittel selbst hinauf zu seiner Hütte auf über 2500 Metern über Meer und gilt somit als der erste Säntisträger. 1882 wurde die erste Wetterstation auf dem Säntis in Betrieb genommen. Ab nun war eine ganzjährige Versorgung nötig, da der Säntis nun ständig vom Wetterwart bewohnt war. Folglich mussten die Träger bei jedem Wetter ausrücken. Eine «Chreenze» (Rückentragkorb) wog je nach Umständen und Jahreszeit 30 bis 100 Kilogramm. Für die Appenzeller Bauern, die damals in ärmlichen Verhältnissen lebten, war der Job als Säntisträger ein lukrativer Nebenverdienst. Während dem rund sechsstündigen Aufstieg ab Wasserauen hatten sie rund 1700 Höhenmeter zu bewältigen. Oft halfen sie dem Wetterwart unter gefährlichsten Bedingungen, die sturmgeschädigte Telegrafenleitung wieder herzurichten.

Der modernste Blitzableiter der Welt

2021 und 2022 wurde auf dem Säntis ein revolutionärer Superlaser getestet, der in Zukunft Atomkraftwerke, Flughäfen und andere sensible Einrichtungen vor Blitzen schützen könnte. Initiiert wurde das Projekt von einem Team der Universität Genf. Der acht Meter lange Superlaser funktioniert auch bei schlechten Wetterbedingungen wie Nebel und verbraucht etwa so viel Energie wie ein Elektroherd.

Die stillen Helden vom Säntis

Mutige Menschen, die vom Brot bis zum Feuerholz alles den Säntis hochschleppten, ermöglichten seinerzeit, dass hier die höchstgelegene Wetterbeobachtungsstation in ganz Europa Realität wurde. Kaum jemand kennt den Hintergrund und die wahre Geschichte dazu. Deshalb werden jetzt die mutigen Männer am Säntis zu Hauptdarstellern in einem Fernseh- und Kinofilm von Victor Rohner.

/